Wegzug aus Deutschland (Teil 1) - Wann bin ich überhaupt weggezogen?

Der Wegzug aus Deutschland ist ein Thema, dass mir immer häufiger begegnet. Deshalb wollen wir uns in einigen Artikeln damit beschäftigen.


Heute geht es um die Frage: "Wann bin ich denn überhaupt weggezogen"?


„In Deutschland ist es viel zu kalt.“

„Es funktioniert doch hier eh nichts mehr“

„Der Staat will viel zu viel Geld von mir.“

„Ich geh hier weg!“

Solche und ähnliche Sätze höre ich immer öfter und viele Menschen spielen mit dem Gedanken ins Ausland zu gehen; einige setzen ihn recht spontan um.


Viele sind dann überrascht, wenn sie auf die steuerlichen Folgen hingewiesen werden, die damit verbunden sind. Manche haben zumindest schon von der Wegzugsbesteuerung gehört, aber die beträfe ja nur die GmbH.


Andere Folgen kennen viele nicht oder sind verwundert, dass es keine Quick-Fix vom Steuerberater gibt.


Um Euch ein wenig auf eventuelle Folgen vorzubereiten und ein paar Hinweise zu geben, wie Ihr Euch auf einen Wegzug vorbereiten könnt, möchte ich in den nächsten Blogartikeln auf die Folgen des Wegzugs eingehen.


Neben den typischen Problemen der Wegzugsbesteuerung werden wir uns auch Gedanken zu Fragen des Außensteuerrechts und insbesondere zum oft vergessenen Erbschaftsteuerrecht machen.


Bevor wir in den nächsten Artikeln näher auf die Details eingehen, geht es heute um die Grundlagen und die Frage wann überhaupt einen Wegzug vorliegt.


Wie immer kann es im Blog nur um allgemeine Hinweise und Fallbeispiele gehen. Wenn die Frage Euch konkret unter den Nägeln brennt oder Ihr in Zukunft plant wegzuziehen, kümmert Euch um fachgerechte Beratung.


Meldet Euch gerne bei uns, damit wir für Eure individuelle und konkrete Situation die passenden Ratschläge geben können.


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Was ist ein Wegzug im steuerlichen Sinne?


Was ist eigentlich mit der Wegzugsbesteuerung gemeint? Was steckt dahinter?


Der Grundgedanke ist einfach, die Folgen und Ausgestaltung im Detail - wie so oft - etwas komplizierter.


Ein Staat kann Steuern nur auf seinem Hoheitgebiet oder von seinen Staatsbürgern erheben. Wenn jemand diesen "Zugriffsbereich" verlässt, entgehen dem Staat mögliche Einnahmen. Deshalb versucht der Staat das Steuersubstart zu sichern.


Damit greift die Wegzugsbesteuerung grundsätzlich dann ein, wenn die Steuerpflicht endet.


Endet die "unbeschränkte" Steuerpflicht in Deutschland, kann der deutsche Staat nicht mehr voll auf die Besteuerungsgrundlagen zugreifen. Es liegt somit ein Wegzug vor und der Staat versucht, in diesem Moment Steuersubstrat zu sichern.

Unbeschränkte Steuerpflicht natürliche Personen

Um festzustellen, ob eine Beendigung der Steuerpflicht vorliegt, müssen wir erstmal wissen wann überhaupt Steuerpflicht besteht. Dabei wird zwischen den natürlichen Personen und Kapitalgesellschaften oder anderen Körperschaften (z.B. GmbH, Aktiengesellschaften oder Stiftungen) unterschieden.


Für natürliche Personen besteht nach dem deutschen Einkommensteuergesetz unbeschränkte Steuerpflicht immer dann, wenn eine Person Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Wer es nachlesen will, schaut sich § 1 Abs. 1 EStG an, den hänge ich unten in den Anmerkungen an.


Wohnsitz

Was verstehen wir jetzt unter einem Wohnsitz. Schaut Euch dazu § 8 Abgabenordnung (AO) an (auch den hab ich unten in den Anmerkungen eingefügt).


Ein Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird.


Mit den Einzelheiten beschäftigen und den Auslegungen durch die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung beschäftigen wir uns im nächsten Teil.


Heute nur kurz: Es muss sich um Räume Handeln die zum Bewohnen geeignet sind und es muss die Möglichkeit des Zugriffs auf die Wohnung bestehen (Stichwort: Schlüsselgewalt). Auf die Größe und die Qualität der Wohnung oder auf den Lebensmittelpunkt kommt es nicht an!


Ein Wegzug im steuerlichen Sinne erfordert daher, dass der Wohnsitz aufgegeben wird. Und weil ich das oft höre: Eine bloße Abmeldung reicht nicht aus! Das mag ein Indiz sein, mehr aber auch nicht.


Notwendig ist, dass der Steuerpflichtige die selbst genutzte Immobilie verkauft oder sie sehr langfristig vermietet.


Gewöhnlicher Aufenthalt


Ein weiterer Anknüpfungspunkt für die unbeschränkte Steuerpflicht ist in § 9 AO geregelt.


Wenn jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, ist er hier ebenfalls unbeschränkt steuerpflichtig. Auch hier gibt es diverse Abgrenzungen, die wir im nächsten Teil genauer ansehen.


Heute nehmen wir mit, wenn wir uns zusammenhängend länger als sechs Monat in Deutschland aufhalten, sind wir unbeschränkt steuerpflichtig.


Umgekehrt gilt dann, wenn wir länger als sechs Monate zusammenhängend nicht in Deutschland sind, sind wir weggezogen.


Was passiert bei GmbH


Jetzt haben wir uns mit natürlichen Personen beschäftigt, aber es gibt ja auch noch Kapitalgesellschaften, wie zum Beispiel die GmbH. Was ist hier zu beachten?


Hierzu schauen wir mal in das Körperschaftsteuergesetz. Dort regelt § 1 KStG (den habe ich Euch unten beigefügt), dass die unbeschränkte Steuerpflicht gilt, wenn die Körperschaft ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz in Deutschland hat.


Der Sitz lässt sich relativ einfach feststellen, es handelt sich um den Sitz, der in der Satzung der jeweiligen Körperschaft festgelegt wird. Für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung gibt es verschiedene Abgrenzungen, mit denen wir uns im nächsten Teil beschäftigen werden.


Kurz gefasst gilt, dass sich der Ort der Geschäftsleitung danach bestimmt, wo die zentralen Entscheidungen des Tagesgeschäftesgetroffen werden. Werden diese Entscheidungen in Deutschland getroffen, befindet sich der Sitz der Geschäftsleitung in Deutschland und damit begründet die Gesellschaft die unbeschränkte Steuerpflicht.


Für den Wegzug einer Kapitalgesellschaft bedeutet das aber, dass beide Fallvarianten aufgehoben beziehungsweise beendet werden müssen. Mit anderen Worten: Nur der Wegzug des Geschäftsführers ins Ausland und/oder das Führen der Tagesgeschäfte aus dem Ausland führt noch nicht zur Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht. Solange der satzungsmäßige Sitz in Deutschland bleibt, besteht in Deutschland unbeschränkte Steuerpflicht.


Die Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes kann unter Umständen aus gesellschaftsrechtlichen Gründen schwierig sein.


Es gilt Wieder: Wenn ihr Gesellschafter oder Geschäftsführer einer GmbH oder einer anderen Kapitalgesellschaft seid, und den Wegzug plant, lasst Euch frühzeitig beraten, um die richtigen Weichen zu stellen.


Wie geht es weiter?

In den nächsten Teilen beschäftigen wir uns mit den folgenden Themen:

  • Was ist Wohnsitz?
  • Was ist gewöhnlicher Aufenthalt?
  • Was ist mit meiner GmbH?
  • Welche Folgen hat nun der Wegzug?
  • Welche grundsätzlichen Empfehlungen gibst Du mir?



Anmerkungen:


1) § 1 Abs.1 EStG. Wann besteht unbeschränkte Steuerpflicht und Definition von Inland.

(1) Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1. an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort

a) die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,

b) andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder

c) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und

2. am Festlandsockel, soweit dort

a) dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder

b) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.


2) § 8 AO Wohnsitz

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.


3) § 9 AO Gewöhnlicher Aufenthalt

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.


4) § 1 KStG Unbeschränkte Steuerpflicht von Körperschaften – und was gehört alles dazu?

(1) Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind die folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben:

1. Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung) einschließlich optierender Gesellschaften im Sinne des § 1a;

2. Genossenschaften einschließlich der Europäischen Genossenschaften;

3. Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit;

4. sonstige juristische Personen des privaten Rechts;

5. Vereine ohne Rechtspersönlichkeit, nicht rechtsfähige Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts;

6. Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

(2) Die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte.

(3) Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1. an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort

a) die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,

b) andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder

c) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und

2.am Festlandsockel, soweit dort

a ) dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder

b) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

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